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Elisabeth-Teppich

Ein klassisches Fach an einer Mädchenschule war der Handarbeitsunterricht. Im Königreich Preußen, zu dem Marburg seit 1866 gehörte, war 1872 durch eine Ministerialverfügung festgelegt worden, dass Handarbeit ein eigenständiges Schulfach sei und mit mindestens zwei Stunden pro Woche unterrichtet werden sollte. Es existierte an der Elisabethschule bis zur Einführung der Koedukation im Jahre 1969. Die Schülerinnen lernten Stricken, Häkeln, Sticken und Weben. Schlafanzüge, Unterwäsche und Schürzen entstanden im Nähunterricht.

In der Zeit des Ersten Weltkrieges mussten die Schülerinnen Mützen, Pulswärmer und Strümpfe für die Soldaten herstellen. In den Notzeiten nach den Weltkriegen arbeiteten sie alte Kleidung um, übten Flicken und das Stopfen von Strümpfen. Nach der Anschaffung von Nähmaschinen durch die Elisabethschule in den 50-er Jahren stellten sich neue Aufgaben; Textilkunde und Mode wurden wichtig. Nach der Abschaffung des Handarbeitsunterrichtes verschwanden die Maschinen auf dem Speicher und man vergaß sie.

Ein eindrucksvolles Beispiel aus dem Unterricht ist der Elisabethteppich, der zwischen 1934 und 1939 im Unterricht entstand und 1,40 m breit und 2,65 m hoch ist.

Die Gemeinschaftsarbeit zeigt gestickte Szenen aus dem Leben der Elisabeth von Thüringen. Das Bildprogramm orientiert sich an den Hessischen Sagen (Hessen-Nassauische Stammeskunde. Deutscher Sagenschatz. Hrsg. Paul Zaunert. Jena 1929) Wie die ehemalige Schülerin Gretlies Götzky berichtet, sollte er einen „freundlichen Hintergrund“ hinter der Elisabethstatue von Kurt Lehmann bilden. Im Handarbeitsunterricht von Frau Brünjes und später Frau Dolle wurden die Szenen entworfen, auf Stoffstücke übertragen und die Motive mit verschiedenen Stichen ausgestickt: Zu erkennen sind Kreuzstich, Kettenstich, Stielstich, Plattstich und Schlingstich. Die fertigen Stoffteile aus empfindlicher Seide wurden dann zusammengefügt.

Der Teppich wurde später wenig geschätzt und landete auf dem Dachboden, bis ihn die ehemalige Schülerin Liselotte Zimmer restaurierte und andere Ehemalige zu ihrem 50-sten Abiturjubiläum im Jahre 1989 die Glasvitrine stifteten.

Elisabeth-Teppich (1934-1939)

von Gretlies Götzky, ehemalige Vorsitzende des Fördervereins

Rechtzeitig zur Feier des 50-jährigen Abiturs wurde die Restaurierung des Elisabeth Wandteppichs fertiggestellt. Die ehemaligen Schülerinnen der Elisabethschule, die ihn gemeinsam zwischen 1934 und 1939 gestickt hatten, konnten ihn nun an seinem neuen Platz im Treppenhaus der Schule bewundern.

Die Idee zu diesem Teppich war damals entstanden, als eine gestiftete Elisabeth-Statue in der Aula unserer alten Schule Aufstellung fand und durch einen Wandteppich einen freundlichen Hintergrund erhalten sollte. Motive, die Szenen aus dem Leben der heiligen Elisabeth darstellen, wurden gemeinsam von der Klasse und ihrer Lehrerin, Frau Brünjes, entworfen und auf kleine Stoffquadrate gestickt. Nach Erkrankung von Frau Brünjes ruhte die Arbeit einige Zeit, bis Frau Oberschullehrerin Else Dolle die Fertigstellung des Teppichs übernahm. Unter ihrer gewissenhaften Anleitung wurde eifrig weiter gestichelt, bis alle einzelnen Teile fertig waren und zu dem über drei Meter hohen Teppich zusammengefügt werden konnten.

Nach dem Umzug der Schule fand der Teppich seinen Platz im Treppenhaus, wo er leider völlig ungeschützt befummelt werden konnte. Zum 100-jährigen Schuljubiläum 1979 mußte er dann dem Elisabeth-Relief weichen, das der Verein Elternhilfe gestiftet hatte. Er landete auf dem Boden, wo er fast in Vergessenheit geriet. Frau Dolle erinnerte sich wieder an ihn, und so wurde er modrig und zum Teil zerfallen aus seinem Schattendasein herausgeholt. Eine Ehemalige der Abitur-Klasse von 1939, Frau OStRn Liselotte Zimmer, nahm sich seiner an und restaurierte ihn in mühevoller Arbeit. Er wurde mit Stoff unterlegt und kam dann in eine extra angefertigte Glasvitrine, wo er nun geschützt ist.

Die Kosten für die Vitrine von 3.582 DM übernahm der Verein der Ehemaligen der Elisabethschule, davon stiftete jedoch die Jubiläumsklasse 1.700 DM.

Wir Ehemaligen freuen uns, daß der Elisabeth-Teppich nun wieder einen würdigen Platz in der Schule gefunden hat, und hoffen, dass diese Kostbarkeit der Schule erhalten bleibt.

aus: Experimente 2/3, Marburg 1990