Geschichte der Schule
1957 bezog die Elisabethschule das neue Gebäude in der Leopold-Lucas-Straße, damals noch Schwangasse, das auf dem Gelände des Marburger Tennisvereins errichtet wurde.
Organisationsformen der Schule
Die Geschichte der Elisabethschule zeigt die für das höhere Mädchenschulwesen im 19. und 20. Jahrhundert typischen Entwicklungsphasen, die durch Veränderungen von Schulrecht, Schulorganisation und Bildungsplänen gleichermaßen bestimmt sind und deren Programm, Zielsetzung und Eigenart bereits im Schulnamen, der offiziellen Schulbezeichnung, zum Ausdruck kommen. Die folgende Übersicht mag dies belegen:
1858–1879 | Private höhere Töchterschule |
1879–1884 | Städtische höhere Töchterschule |
1894–1911 | Städtische höhere Mädchenschule (seit 1909: höhere Lehranstalt) |
1911–1912 | Städtisches Lyzeum |
1912–1924 | Elisabethschule - städtisches Lyzeum |
1924–1925 | Staatliches Lyzeum |
1925–1929 | Staatliches Lyzeum und Oberlyzeum |
1929–1933 | Staatliches Lyzeum und Oberlyzeum mit reform-realgymnasialem Zweig 1933–1937 Staatliches Lyzeum und Reform-Realgymnasium |
1937 | Oberschule für Mädchen — sprachliche Form |
1937–1945 | Oberschule für Mädchen (sprachliche und hauswirtschaftliche Form) 1946–1956 Realgymnasium für Mädchen (seit 1950 mit sozialwissenschaftlichem Zweig) |
1956–1975 | Neusprachliches und Mathematisch-Naturwissenschaftliches Gymnasium seit 1975 Gymnasium mit neugestalteter gymnasialer Oberstufe (nach KMK-Modell). |
Historischer Rückblick (25.01.1950)
Marburg, den 25.01.1950 [Verfasserin: Dr. Dorothea Hillmann]
Zur Geschichte der Staatl. Elisabethschule
Die Staatl. Elisabethschule zu Marburg ist hervorgegangen aus einer privaten höheren Töchterschule, die im Herbst 1858 gegründet wurde. Ihre damaligen Leiter waren der Gymnasiallehrer Dr. Georg Buchenau und die Privatlehrerin Fräulein Kathinka Günste.
Im Jahre 1878 räumte die Stadt der Schule den östlichen kleineren Flügel der städtischen Bürgermädchenschule in der Universitätsstraße, dem heutigen Schulgebäude, zur Benutzung ein. Im Herbst 1878 trat an die Stelle von Dr. Buchenau der Pfarrer der lutherischen Gemeinde, Wilhelm Bernhard als Leiter der Anstalt.
Ostern 1879 übernahm die Stadt Marburg die nunmehrige höhere Mädchenchule (Lyzeum). Pfarrer Bernhard blieb Anstaltsleiter weiter bis zu seine Tode am 20.2.1893.
1884 wurde der Ostflügel des Schulhauses erweitert und wurde an der Südseite ein besonderes Gebäude, das Turnhalle und Aula enthielt, aufgeführt.
Nach Pfarrer Bernhards Tode berief die Stadt Dr. Seehaussen als Direktor, der die Schule bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1924 geleitet hat.
1906 erhielt die Schule das gesamte Gebäude in der Universitätsstraße, die Volksschule zog aus.
Unter der Leitung von Dr. Seehaussen entwickelte sich die Schule nach den Richtlinien des Preußischen Ministeriums für Kultus und Unterricht weiter. Am 30.09.1909 wurde sie als höhere Mädchenschule anerkannt und dem Amtsbereich des Provinzialschulkollegiums Kassel überwiesen. Im Herbst 1912 erhielt die Anstalt die Bezeichnung Elisabethschule, städtisches Lyzeum.
Nach der Veröffentlichung der Richtlinien vom 23.03.1923 für die Umgestaltung der Lyzeen und Oberlyzeen begann der Ausbau der Anstalt zum Oberlyzeum.
Als der Direktor Geheimer Stud. Rat Dr. R. Seehaussen nach Erreichung der Altersgrenze am 01.04.24 in den Ruhestand versetzt wurde, berief die Stadt den bisherigen Stud. Rat im Realgymnasium in Biebrich O. Schneider zu seinem Nachfolger.
Mit Wirkung vom 01.04.24 wurde die Anstalt vom Preußischen Staat übernommen.
In den Jahren 1925/26 wurde zwischen Hauptgebäude und Turnhalle ein Neubau ausgeführt, durch den 4 neue Klassenräume entstanden. Diese bauliche Veränderung fiel laut Verstaatlichungsvertrag zu Lasten der Stadt Marburg. Ostern 1926 erhielt die Schule das Recht, sich als Oberlyzeum i.E. [im Enstehen] zu bezeichnen. Ostern 1927 wurde der Ausbau der Schule zur Vollanstalt vollendet. Die Schule hatte zu dieser Zeit 23 Lehrkräfte, die Zahl der Schülerinnen betrug 421.
1928 fand die erste Reifeprüfung statt. Damit wurde die Anstalt als Vollanstalt anerkannt.
Mit Beginn des Schuljahres 1929 wurde mit dem Ausbau eines ref. realgymnasialen Zweiges begonnen.
Mit ministeriellem Erlass vom 04.03.1930 /U II/333/U I/ wurde die Schule als eine der Anstalten für die weibliche Jugend anerkannt, die die Richtlinien vom 21.03.23 durchgeführt hatten. Zu Ostern 1931 verließ Oberstud. Dir. Schneider die Anstalt.
An seine Stelle trat Oberstud. Dir. Dr. Dr. Hoernecke, der im Dezember 1935 nach Wiesbaden versetzt wurde. Am 01.01.1936 übernahm Oberstud. Dir. Bunnemann die Anstalt, wurde aber bereits im Herbst 1937 aus politischen Gründen pensioniert.
An seine Stelle trat Oberstud. Dir. Winkelmann bis Ostern 1943. Er war während dieser Zeit zunächst für die Arbeit an seinem Lehrbuch beurlaubt, später wurde er zur Wehrmacht eingezogen.
Er wurde durch den Oberstud. Rat Haedrich vertreten. Von Ostern 1943 bis zum Zusammenbruch leitete Oberstud. Dir. Dr. Döhner die Anstalt. Nach dem Zusammenbruch übernahm sie wieder Oberstud. Dir. Bunnemann bis zu seiner Pensionierung am 01.10.1948.
Die Schule war während der letzten Kriegsjahre als Lazarett eingerichtet und blieb Lazarett bis zum März 1946. Unter dieser Tatsache hat sie sehr gelitten. Insbesondere wurde eine Fülle von Gegenständen gestohlen. Der Tatkraft der Kollegen gelang es, einiges davon, insbesondere die Nähmaschinen, wieder zurückzubekommen. In der Physiksammlung wurden im letzten Moment wichtige Teile vieler Apparate abmontiert und gestohlen, die erst allmählich wieder ersetzt werden können.
Während der Lazarettzeit wurden die Schülerinnen – soweit sich der Unterricht überhaupt noch aufrechterhalten ließ – in Privaträumen und Räumen der Universität unterrichtet.
Seit 1946 ist mit der Anstalt ein Studienseminar verbunden, dessen Leiter der Direktor ist. Seit dem 01.10.48 wird die Anstalt von der Unterzeichneten geleitet. Die Schülerzahl ist auf über 700 gewachsen. Das Gebäude ist nicht nur viel zu klein, sondern auch sehr unpraktisch durch die eigenartige Führung des Treppenhauses, die keine direkte Verbindung innerhalb der Stockwerke zulässt. Ein Neubau wird geplant.
Seit dem 29.05.29 besitzt der „Verein der ehemaligen Schülerinnen und der Freunde der Elisabethschule“ ein Grundstück am Wehrdaer Weg mit einem Bootshaus. Der Tatkraft der Sportlehrerin Stud. Rätin Först gelang es nach dem Krieg, die Boote, die bereits von den Amerikanern beschlagnahmt waren, zurückzubekommen und sie somit der Schule zu erhalten. Es ist zu hoffen, dass der Bootsbetrieb, der in den früheren Jahren im Sporttunterricht eine große Rolle spielte, in diesem Jahre wieder aufgenommen werden kann.