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10.11.2022

Bericht aus Ecuador von Kira May

 

 

Meine ersten eineinhalb Monate in Ecuador sind mittlerweile um. Wow. Erst langsam realisiere ich, dass ich wirklich hier bin. Die ersten Tage kamen mir sowieso total surreal vor. Gemeinsam mit den anderen Freiwilligen sind wir mit dem Flieger nach Quito, der Hauptstadt von Ecuador, geflogen. Ein paar Freiwillige kannte ich bereits vom Vorbereitungsseminar und auch mit den anderen kam ich schnell ins Gespräch. Die meisten wirkten echt super sympathisch. Am Flughafen von Quito wurden wir von der Leiterin der Partnerorganisation EIL Ecuador abgeholt. Carola hatte uns bereits mit den Visen geholfen und war echt lieb. Mit dem Bus ging es erstmal in ein Hotel, in dem wir die ersten zwei Tage isoliert verbrachten und Einführungsseminare bekamen. 
Die ersten zwei Wochen sollten wir alle zusammen in Quito verbringen. Für diese Zeit wurden uns extra Gastfamilien organisiert. Kurzfristig sind leider viele Familien abgesprungen, unter anderem auch meine. So kam ich in die Gastfamilie von einer anderen Freiwilligen. Die Familie hatte sich jedoch nur auf meine Mitfreiwillige Theresa eingestellt und wusste auch nichts über mich (nicht mal meinen Namen). Trotzdem war die Gastfamilie super toll. Monica, die Gastmutter war eine ziemliche Powerfrau, die schon vor zwanzig Jahren in Klimaschutzprojekten mitgewirkt hatte. Die Gastfamilie hatte vor uns bereits 13 Freiwillige, und die Routine fiel echt positiv auf, sodass ich mich direkt wohl fühlte.
Den Tag über bekamen wir in Quito weitere Einführungsseminare, Spanischkurse und Unterrichtstraining von Englischlehrern. Ich glaube es war gut, dass wir die ersten Tage dadurch sehr beschäftigt waren. Das erste Wochenende nutzen wir, um die Stadt besser kennenzulernen. Quito hat seine eigene Atmosphäre und ich mochte es direkt. Das zweite Wochenende hatten wir einen Ausflug an einen Ort mit heißen Quellen geplant. Die Hinreise war bereits ein Abenteuer für sich, da der Bus in dem wir hingefahren sind für uns 18 Personen erstens viel zu klein war. Zweitens hat dieser nach der Hälfte der Strecke angefangen zu qualmen und konnte nichtmehr weitergefahren, sodass wir uns andere Mitfahrgelegenheiten suchen mussten. Den Samstag über verbrachten wir in den heißen Thermen in Papallacte. Am Sonntag machten wir eine Wanderung, bei der wir mit einem Truck auf 4100m hochfuhren und dann zum Hostel zurückwanderten. Die Wanderung war echt beeindruckend, ein Freiwilliger meinte sogar, das wäre die krasseste Wanderung in seinem Leben gewesen. Die Landschaft war aber auch echt besonders und vor allem änderte sie sich im Laufe des Weges von einer Gras- Seenlandschaft mit Nebel zu Urwald mit Wasserfällen. Für die Rückfahrt organisierten wir dann drei Trucks, wobei wir uns hinten auf die Ladefläche setzen konnten. 
Am darauffolgenden Dienstag, unserem vorerst letzten Tag in Quito, wurden wir gefragt, was hier in Ecuador alles anders ist als in Deutschland. Wir kamen auf folgende Punkte: 
Das Essen. In Quito essen alle Familien jeden Tag Reis. Jeden Tag. Dazu gibt es meistens Hühnchen und Suppe. Außerdem gibt es in Ecuador eine Vielzahl von seltsamen Früchten, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Die sind alle aber echt lecker. Zusätzlich gibt es in Ecuador ungefähr zweihundert verschiedene Bananenarten und wenn man ausversehen die Guinea nicht Guinea, sondern Orito nennt (zwei Bananenarten) wird man nicht verstanden. 
Der Straßenverkehr. Ist echt anders. Fußgänger stehen in der Verkehrsordnung ganz unten. Bedeutet, dass man nicht eben mal gemütlich über die Straße laufen kann, sondern man trotz grüner Ampel und Zebrastreifen den richtigen Moment abpassen muss, bevor man über die Straße sprinten kann. Und auch Autofahren würde ich ungern in Quito. Aber selbst Busfahren ist nur selten angenehm. Man hat nicht etwa einen Busfahrplan, sondern wartet an der Bushaltestelle, bis der passende Bus vorbeikommt. Wenn der Bus dann nach einer Dreiviertelstunde da ist, ist immer noch nicht sicher ob man auch mitfahren kann, da die Busse meistens hoffnungslos überfüllt sind, sodass sich die Leute rein und rausboxen müssen. Dafür ist Reisen und Busfahren in Ecuador sehr günstig und außerhalb von Quito sind die Busse sehr viel angenehmer. 
Die Sicherheit. Die Kriminalitätsrate in Quito ist ziemlich hoch. Im Dunkeln dürfen wir nur als Gruppe rumlaufen, in der auch Jungs dabei sind und auch Tagsüber sollte man alleine aufpassen. Manche Viertel sollte man zu Fuß generell meiden. In den Bussen muss man die Wertsachen am Körper tragen und Rucksäcke immer vor dem Körper in der Hand halten. Einer Freiwilligen wurde trotzdem der Rucksack aufgeschlitzt, in dem sie leider Handy und Portemonnaie hatte. Und bereits zweimal wurde einer Frau neben mir im Bus an einer Haltestelle das Handy aus der Hand gerissen (Beide Male hatte ich gerade selber ein Handy in der Hand).
Trotz diesen Unterschieden war Quito nicht so anders als Deutschland und die ersten zwei Wochen hatte ich eher das Gefühl, als wäre ich auf Klassenfahrt. Das änderte sich allerdings, als ich nach Puerto Quito kam. Puerto Quito ist ein Dorf ungefähr drei Stunden (mit dem Bus allerdings 6 Stunden) von Quito entfernt. In Ecuador gibt es vier Klimazonen mit entsprechender Landschaft: Die Sierra (Berge) in der auch Quito liegt, die Costa (Küste), den Oriente (Regenwald) und die Galapagosinseln. Puerto Quito liegt genau an der Grenze zwischen Sierra und Costa, auch wenn es offiziell schon zur Costa gehört.
Das Wetter ist ähnlich wie an der Costa sehr schwül aber, zumindest im Moment wo noch keine Regenzeit ist, relativ angenehm. Das alles wussten wir bereits, als wir von unseren Gastmüttern im Centro Touristico abgeholt wurden. Meine Gastfamilie machte einen netten Eindruck und als mir dann das Haus der Familie und die Umgebung gezeigt wurde, war ich erstmal überwältigt. Das Haus ist sehr schön und ich habe zum Glück mein eigenes Zimmer mit Bad, wenn auch mit sehr wenigen Möbeln. Im Garten wachsen Bananen und Papayabäume und in zwei Minuten ist man an einem sehr schönen Fluss.
Zwei weitere Freiwillige, mit denen ich mich sehr gut verstehe, wohnen ebenfalls in Puerto Quito. Vor allem am Anfang hat es sehr geholfen, sich mit ihnen austauschen zu können und Dinge zu unternehmen. 
Soweit lief alles super. Aber nach den ersten Tagen kam dann die erste Krise. Irgendwie kamen mehrere Faktoren zusammen. Puerto Quito unterscheidet sich von Quito fast mehr als Quito von Deutschland. Die Menschen hier reden viel schneller und undeutlicher als in Quito, wodurch ich am Anfang erstmal relativ wenig verstanden habe. Hinzu kam, dass ich mich an den Umgangston meiner Gastfamilie erst gewöhnen musste. Zwischendurch kam es zu kleineren, durch schlechte Kommunikation bedingten, Konflikten und ich habe mich teilweise in der Familie relativ unwohl gefühlt. Ich bin von Deutschland gewöhnt viel zu tun zu haben und viel Sport zu machen. In Puerto Quito wusste ich zunächst nicht, was ich tun konnte, deswegen fielen mir die ersten Tage echt schwer. Auch wohne ich mit dem Fahrrad zehn Minuten vom Dorf entfernt, was die Dinge nicht gerade leichter gemacht hat.
Mit meinem Projekt wurde es dann leichter. Ich arbeite in einer Escuela (Einer Schule von der Vorschule bis zur siebten Klasse). Als ich im Projekt angekommen bin, wusste zwar niemand, dass ich kommen sollte, aber die Schuldirektorin hat mich trotzdem herzlich in Empfang genommen. Drei Tage der Woche gebe ich als Lehrassistenz Englischunterricht, die anderen beiden Tage laufe ich mit anderen Lehrerinnen mit. Die Kinder sind echt übertrieben süß und mit direkt ans Herz gewachsen. Wenn ich in eine Klasse komme, rennen die Schüler auf mich zu, umarmen mich und rufen „Hola profe“. Jedes Mal. Eine Schülerin meinte letztens zu mir: „Normalerweise mag ich Montage nicht, aber weil wir jetzt montags Englischunterricht mir dir haben, freue ich mich auf den Montag“. Doch auch das Projekt ist manchmal frustrierend. Vor allem in den beiden Tagen, an denen ich keinen Englischunterricht gebe, stehe ich meistens nur neben der Lehrerin und werde nicht gebraucht. In den nächsten Tagen rede ich mal mit der Schuldirektorin über Alternativen. Ich glaube, dass sich da gute Lösungen finden werden. 
Nachdem ich die ersten Tage über wenig zu tun hatte, habe ich mir führ die nächste Zeit viel vorgenommen. Ich habe zweimal die Finca (Farm) meiner Gast- Großeltern besucht, bei der ich mich sehr wohl gefühlt habe. Dort konnte ich die unterschiedlichsten Früchte probieren und bei der Kakaobaumernte helfen. An den Wochenenden bin ich dann viel gereist. Erst war ich in Mindo, einem sehr schönen, aber sehr touristischen Ort zwischen Quito und Puerto Quito und habe dort einen Freiwilligen besucht. 
An dem darauffolgenden Wochenende musste ich dann nochmal nach Quito um meinen Ecuadorianischen Ausweis abzuholen. Ich habe mir einen Tag frei genommen und daraus ein verlängertes Wochenende gemacht. Zu dem Zeitpunkt waren relativ viele Freiwillige wegen des Ausweises in Quito und wir haben die Zeit genutzt um die Aktivitäten zu tun, für die wir in den ersten zwei Wochen keine Zeit mehr hatten. Wir waren unter anderem auf dem Pichincha, dem Hausberg von Quito mit 4700m. Dort habe ich dann einen ecuadorianischen Tourguide kennengelernt, der in Maburg lebt, aber die nächsten Monate noch hier ist. Mit ihm kann ich, wenn ich nochmal nach Quito komme, Felsklettern gehen. Das ist echt toll, denn ich vermisse klettern doch mehr, als ich dachte. 
Letztes Wochenende haben wir uns dann mit sechs Freiwilligen am Strand in Bahia de Caraquez getroffen. Ziemlich ungünstiges Reiseziel wie wir im Nachhinein feststellen mussten. Die Hinreise hat eine Ewigkeit gedauert und Bahia war ein ziemlich hässlicher Ort. Wären wir weiter runter gefahren hätten wir erstens schönere Strände gehabt und zweitens die Möglichkeit, Buckelwale zu sehen. Die sind dort nur einmal im Jahr. Trotzdem war das Wochenende mit den anderen sehr schön, und wir haben das Beste rausgeholt. Zumindest, wenn man davon absieht, dass wir einmal nachts am Strand ausgeraubt wurden. Wir wurden mit dem Messer bedroht, nachdem wir den beiden Männern erst kein Geld geben wollen. Im Endeffekt haben wir aber nur 2$ und zwei Bier verloren.
Nach dem vielen Reisen freue ich mich jetzt auf ein Wochenende in Puerto Quito. Was zum Beispiel echt frustrierend ist, dass es unter der Woche sehr schwierig ist, Jugendliche kennenzulernen. Und so leben die Ecuadorianer, die wir kennengelernt haben leider alle nicht in Puerto Quito. Deswegen unternehme ich bis jetzt hauptsächlich Dinge mit den anderen Freiwilligen, mit denen ich mich zum Glück sehr gut verstehe. Außerdem kostet so ein Wochenende natürlich Geld, auch wenn man mit durchschnittlich 50$ sehr viel weniger bezahlt als in Deutschland. 
Mittlerweile habe ich ein gutes Verhältnis zu meiner Gastfamilie, auch wenn mich manche Dinge immer noch stören und zum Teil auch deprimieren. Aber meine Gastfamilie ist echt bemüht und sehr hilfsbereit und ich bin guter Dinge. 
Die nächste Woche sollen in Puerto Quito verschiedene Dorffeste mit viel Tanz und verschiedenen Märkten gefeiert werden. Ich bin auf jeden Fall gespannt.
Falls ihr noch Fragen habt, schreibt mir gerne unter +593 98 002 1534 ????. Ansonsten findet ihr auf meinem Instagramm Account kimy_ecuador.spaam auch noch weitere Bilder.

Den Bericht mit allen Bildern als PDF-Datei findet ihr hier.